"Der größte Sex-Shop der SM-er ist der Baumarkt" - so witzelten wir auf dem Privatszene-Stammtisch schon vor 20 Jahren, lange bevor es Shades of Grey gab. Wir waren jung, wir hatten wenig Geld, und wir konnten gut improvisieren. Einfache Peitschen wurden aus Lederschnüren selbstgebastelt, statt teurer Jute- oder Hanfseile mußten die billigen Allzweck-Seile aus dem Baumarkt herhalten, und auch Klammern und Klemmen und Gewichte findet man zuhauf in den dortigen Regalen.
Heute verwende ich davon normalerweise nur noch das, was mich wirklich überzeugt hat, z.B. diese wunderschönen selbstgebauten Nippelklemmen mit Gewichten:
Ich habe inzwischen weit hochwertigere Toys erworben, als ich mir je hätte träumen lassen. Aber in manchen Sessions überwiegt die Nostalgie, oder es passt einfach besser zum Rollenspiel, wenn man zu einfacheren Mitteln als zu Luxusware greift. Wenn man zum Beispiel einen Überfall nachstellt oder ein Kidnapping, sind Wäscheleinen und Kabelbinder viel realistischer als Shibari-Rope. Und ein Schaumstoffball im Maul, verklebt mit Panzertape, paßt besser als ein via Pumpball aufblasbarer Latex-Knebel.
Überhaupt eigenet sich Klebeband hervorragend für Fesselungen bis hin zu Mummifizierungen, z.B. verbunden mit einem Erotic Wrestling, wo sich das "Opfer" so lange wehrt, bis es komplett hilflos am Boden liegt.
Die folgende Sessionanfrage spricht hoffentlich für sich - das zugehörige Play inspirierte mich, diese Unterseite überhaupt zu schreiben. Denn ich hatte sehr lange nicht mehr solche "Basics" gespielt, und was am nächsten liegt, weil man es schon am längsten kennt, vergißt man häufig zu erwähnen. Aber nach der Session war ich wieder Feuer und Flamme für die einfachen Mittel:
Ich liebe diese Entführungsrollenspiele, wo eine Frau einen Mann überwältigt mit einer "Waffe", ihn fesselt und knebelt mit Klebeband, und ihn dann sozusagen ausraubt. Ich habe mir das Outfit der Entführerin so vorgestellt, eine enge Hose und ein enges Oberteil, also hauptsächlich was Enges, z.B. ein Catsuit.
Ich stehe auf enge Knebel durch Klebeband, und fesseln genauso durch Klebeband. Meine liebsten Fesselstellen sind an den Knöcheln, ober- und unterhalb der Knie und an Bauch- und Brustbereichen.
Ich mag auch körperliche Nähe beim Überwältigen, etwa dass Sie Ihre Hand auf meinen Mund drücken, mich die Wand pressen und abführen. Ich mag es auch, auf die Knie gedrückt zu werden und meine aussichtslose Lage gesagt zu bekommen.
Den Ablauf stelle ich mir so vor: Ich bin im Raum, sie schleichen sich rein und überwältigen mich von hinten mit einer "Waffe", ich werde mich nicht großartig wehren, aber Sie können mich ruhig grob anpacken und rumschubsen.
Sie fragen mich nach Geld (die Bezahlung für die Session ist vielleicht das Räubergut). Erst sag ich Ihnen nichts, Sie bringen mich zu Boden, knebeln mich mit irgendeinem Stoffstück, ziehen mir die Oberkleidung aus und fesseln mich mit Tape. Dann befragen und beleidigen Sie mich.
Nachdem Sie mich vom ersten Knebel befreit haben und ich Ihnen Ihre „gewünschte“ Information gesagt habe, knebeln sie mich mit Tape um den Kopf, demütigen mich nochmal verbal und gehen dann halt weg.
Da ich nur auf Fesselspiele und Verbalerotik stehe, habe ich in diesem Rollenspiel sonst keine Wünsche mehr, ich möchte einfach die Unterlegenheit erleben.
Klebeband hat natürlich den Vor- und zugleich Nachteil, zu kleben. Bei sehr haarigen Körpern kann das Entfernen sehr unangenehm sein. Es gibt spezielles Bondagetape, das auf sich selbst haftet, und auch im Medizinbedarf gibt es selbsthaftende Rollenverbände. Mit diesen Dingen kann man aber nicht ganz so "wild" spielen wie im o.g. Beispiel. - Es kommt darauf an, wo Ihre Ziele liegen.
Frischhaltefolie ist in gewisser Weise ähnlich wie ein selbsthaftendes Tape, nur breiter. Deswegen eignet sie sich hervorragend für ein Wrapping, mit dem schnell ein Fullbody Encasement erreicht werden kann.
Meist schwitzt man unter einer solchen Mummifizierung wegen der Luftundurchlässigkeit des Materials. Aufgrund dieser Gemeinsamkeit sind Liebhaber/innen von Frischhaltefolie oft auch Liebhaber/innen von Latex- und/oder PVC-Kleidung.
Wie oben bereits erwähnt, erzeugt die Verwendung solch improvisierter Fesselungen ein ganz spezielles Flair. Eben "wie aus dem wahren Leben" und nicht wie in "Etepetete"-BDSM.
Während spezielle BDSM-Toys insbesondere dann, wenn sie hochwertig verarbeitet sind, gezielt darauf achten, nicht einzuschneiden und die Nerven an Hand- und Fußgelenken etc. zu schonen, ist dies bei zweckentfremdeten Tools naturgemäß nicht der Fall. (Ich erinnere mich, wie mir meine Mama Toleranz signalisieren wollte und mich kurz nach meinem Coming-Out damit foppte, dass ich sicher wisse, wo es Handschellen zu kaufen gäbe. Ich fing darauf an, ihr ausführlich zu erklären, wieso breite Lederfesseln besser für Playbondage geeignet sind als scharfkantige Metallschellen - sie brach das Gespräch ab mit dem entsetzten Aufruf: "Kind, so genau will ich das gar nicht wissen!")
Wir müssen also stärker als bei kink-gerechtem Spielzeug darauf achten, verantwortungsbewußt zu spielen und insbesondere stramme dünne Schnürungen relativ zeitnah wieder lösen. Aber oft ist dann bereits der Kick im Kopf angekommen
Ebenso, wie ein rauher Strick am Bein, an dem man gar noch im Rahmen eines Widerstands-Spiels zerrt, ein völlig anderes Feeling vermittelt als eine Leder-Komfortfessel, die man sich als gehorsamer Sklave wohlmöglich noch mit vorgestreckten Händen freiwillig von der Herrin anlegen läßt, bewirkt auch ein glatter Ballknebel oder Latex-Pumpknebel ganz andere Sensationen als ein Lappen, Tuch, Kleidungsstück oder Schaumstoffball.
Zugegebenermaßen war mir das lange Zeit gar nicht bewußt: zwar denke ich immer, ich hätte passiv alles erlebt, was ich aktiv anbiete, aber als ich das erste Mal mit einem Tuch (und das war sogar ein Seidentuch!) geknebelt wurde, stellte ich fest, dass ich nur "Geknebelt-Werden" zu kennen meinte, aber de facto dies nur mit offiziellem BDSM-Spielzeug bis dato kannte. Inzwischen habe ich es mit sauberen und "dreckigen" Lappen erlebt (natürlich müssen gewisse gesundheitsrelevante Aspekte beachtet werden), mit glatten und rauhen, mit vollgepißten Windeln und einmal sogar mit wirklich fusseliger Wolle. Jedes Erlebnis ist anders, allein der haptische Eindruck auf der Zunge - wow, was für ein Spektrum! Dazu kann das Tuch dann noch selbst genügend Zipfel bieten, um es um den Kopf zu winden, oder es wird ein zusätzlicher Lappen oder Strick verwendet - und der wiederum kann liebevoll angelegt und sklav/inn/enseitig angenommen werden, oder es geht eben mit rollenspielerischer und/oder metakonsensueller Gewalt zur Sache. Auch hierzwischen ein himmelweiter Unterschied. Wie sensibel doch so ein Mund sein kann!
Ebenfalls überwältigt war ich, als sich erstmalig ein Schaumstoffball in meinem Mund entfaltete. Ich hatte vorher schon durchbohrte Hartgummi-Bälle (aus dem Tier-Shop) kennengelernt, aber der paßt eben entweder in den Mund problemlos hinein oder ist schlichtweg zu groß. Der Schaumstoffball mußte mir energisch "eingepfropft" werden und dann füllte er mich aus in einer Weise, die mich im ersten Moment weit mehr erschreckte als ein aufblasbarer Knebel. Dies sicherte dann mein Top auch gleich mit medizinischem Klebestreifen, und darüber kam noch irgendein anderes Tape und ein Tuch. Und zu guter Letzt wurde mir noch eine Kapuze verkehrt herum über das Gesicht gezogen: absoluter Sensation Overflow.
Und sehr zu empfehlen. Inzwischen kenne ich das und kann es daher sicher auch gut mit Ihnen machen