Im Mental BDSM (Mind & Soul Play) wird besonders gern mit Scham und/oder Ekel gespielt. Ähnlich wie auf körperlicher Ebene das bewußte Durchleben von Schmerz ein Lustgefühl auslösen kann, kann auch auf psychologischer Ebene das bewußte Durchleben von Peinlichkeit oder von Abscheu seinen Reiz haben - der Lustgewinn funktioniert typischerweise sowohl bzgl. Schmerz als auch bzgl. unangenehmer Empfindungen nicht in Alltags-Situationen, sondern nur im sicheren Rahmen einer Session mit der Gewißheit, letztlich von dem/der Top liebevoll oder zumindest fürsorglich aufgefangen zu werden. Manchmal geht es bei derartigen Spielen auch weniger um (sexuelle) Lust als um eine tiefe Wahrnehmungs-Erfahrung oder gar um Katharsis. Oder entsprechende Sequenzen werden in größere Zusammenhänge, z.b. als Bestandteil eines D/S-Rollenspiels, eingebunden.
"Beschämen Sie mich." Lange Zeit über ist ist es mir sehr schwer gefallen, den Sinn dieses Wunsches zu verstehen. Zwar war ich immer bereit, ihm nachzukommen, aber ich konnte -anders als bei den meisten BDSM-Vorlieben- die Erotik von Scham nicht nachvollziehen. Möglicherweise konnte ich nicht einmal das Gefühl tiefer Scham so richtig nachempfinden, denn ich bin in den meisten Belangen offenbar sehr schamlos. Dann kam ein Tag, an dem ich mich in Hamburg auf der Davidstraße von einer Straßenhure so bescheuert abzocken ließ, wie es quasi im Lehrbuch steht: ich hätte es wissen können und müssen, ich war auf den im horizontalen Gewerbe typischsten Trickbetrug hereingefallen, von dem ich schon früher in anderen Situationen erzählt bekommen hatte und bezüglich dessen ich niemals hatte verstehen können, wieso "manche Männer so blöd sein können". Nun war ich selbst diejenige, die auf genau dieselbe Masche hereingefallen war und schämte mich deshalb gleich doppelt in Grund und Boden. Zum Glück gab es aber einen liebevollen Menschen, den ich sofort telefonisch erreichen konnte. Nachdem ich auf seinen Rat hin meine Kreditkarte hatte sperren lassen, rief ich ihn erneut an und berichtete ihm, total verschämt, was mir -ausgerechnet mir, die ich es hätte besser wissen müssen und die zuvor über die Dummheit mancher St.Pauli-Freier nur den Kopf geschüttelt hatte- passiert war und wie ich mich tiefer und tiefer in den Schlamassel hatte hineinziehen lassen. Er tröstete mich. Er konnte meine Dummheit auch nicht begreifen, aber er fing mich auf. Und ich fühlte mich auf eine so seltsame, bis dato noch unbekannte, Weise wohl dabei, daß mir auf einmal ein Licht aufging, was den Reiz von tiefer, echter Scham in einem liebevollen Kontext (u.a. dem Kontext einer Session) ausmachen kann.
Menschen schämen sich aus den verschiedensten Gründen, über verschiedene Dinge. Es ist unmöglich, ein Scham-Spiel zu inszenieren, ohne entsprechende Informationen vom Gegenüber zu haben, was auf ihn beschämend wirkt. Manch einer schämt sich seiner Nacktheit oder seiner Geilheit - für jemand anderen ist genau das völlig normal. Manch einer schämt sich über Harndrang oder Kontrollverlust über denselben - jemand anderes pullert sich mit Vergnügen, aber ohne jede Peinlichkeit ein. Einige TV fühlen sich "als Frau beschämt", andere hingegen tragen Frauenkleidung voller Stolz. Mich hat die Straßenstrich-Erfahrung weniger geärgert als beschämt, ein anderer würde vielleicht mit Wut oder Frustration reagieren. Worüber Sie sich also schämen und was bei Ihnen ganz andere Gefühle auslöst, müssen Sie mir also unbedingt verraten: ich kann nur mit Ihrer Scham spielen, wenn ich Ihre Schamgrenzen kenne.
Wird in einer BDSM-Session mit Scham gespielt, wird meistens eine beschämende Situation bewußt provoziert: zum Beispiel bringt die Domina den Sklaven dazu, sich in die Hose zu machen. Oder es werden beschämende Worte als scham-auslösende Trigger benutzt (und ggf. wieder und wieder wiederholt). Oder es wird eine tiefsitzende Erinnerung "hervorgekramt" und der Sub berichtet der Herrin von einem realen Erlebnis, vielleicht gar einem, worüber er noch niemals mit jemandem gesprochen hat. Vielleicht wird das Erlebnis dann gemeinsam nachgestellt, z.B. im Rollenspiel inszeniert.
Wie dann die Scham aufgelöst, ausgespielt oder sexuell überdeckt wird, ist wiederum im Vorfeld zu besprechen. Vielleicht mögen Sie es, wenn ich Ihnen -wie ich es selbst erlebt habe- einfach nur eine wohlwollende Begleiterin, Zuschauerin, Zuhörerin bin und Sie Ihre tiefsitzenden Empfindungen so mit mir teilen (und mir mitteilen) können. Vielleicht soll ich Sie sogar noch tiefer in Ihre Scham hineinstoßen, Sie weiter beleidigen und/oder auslachen und/oder demütigen - dennoch wissen Sie letztlich, daß ich Ihr Erleben im Rahmen von BDSM gutheißen, selbst wenn dies in der Session nicht ersichtlich wird, und so können Sie sich dennoch bei mir in Ihrer Scham geborgen fühlen. Möglicherweise wollen Sie allerdings auch, daß wir das Schamgefühl mit genitaler Stimulation koppeln, ich Sie vielleicht sogar im Moment tiefster Scham zum Orgasmus führe. Einige Menschen haben sich durch Masturbation (oder zumindest: erotische Fantasien) bei Schamgedanken (oder Gedanken an Beschämendes) auch schon selbst in einer Weise konditioniert, daß die Scham an sich bereits Lust auslöst (ähnlich wie der Klingelton bei Pawlow's Hund dessen Speichelfluß bewirkte). Auf alle Fälle habe ich inzwischen verstanden, daß Scham eines der tief empfindbaren Gefühle ist, die sich für Psycho-Spiele im BDSM ganz hervorragend eignen. Schildern Sie mir Ihre Vorstellung von einem für Sie stimmigen Scham-Spiel, und dann setzen wir dies liebend gern gemeinsam um!
Vieles, was ich oben für Scham ausgeführt habe, gilt ähnlich auch für Ekel. Auch Ekel ist ein im Alltag meist nicht wünschenswerter Zustand, der aber durchaus erotisiert werden kann, wenn er in Gegenwart einer verständnisvollen Top und oder parallel zu sexueller Stimulation vollends bewußt werden kann. Dabei spielt sich Ekel u.U. noch stärker als Scham auch auf der körperlichen Ebene ab: es wird einem zum Beispiel "kotzübel" so mischt sich das mentale Spiel noch mit der entsprechenden Body Sensation. Obwohl Ekel durchaus verbalerotisch getriggert werden kann, ist es beim Ekel-Spiel noch viel wahrscheinlicher, daß auch mit "ekeligen" Accessoires (z.B. mit Lebensmitteln, mit Kot, mit Dreck etc.) gearbeitet wird. Auch hier kommt es natürlich wieder auf den Passiven an: damit ich wissen (und Sie damit konfrontieren) kann, wovor Sie sich ekeln, müssen wir vorher miteinander reden.
Ein Ekel-Spiel kann auch eine Herausforderung, übrigens für beide Seiten, sein. Über die bizarre Freude hinaus, sich in sicherem Rahmen einer Widerlichkeit auszusetzen, kann auch Stolz darüber auftreten, es -einzeln oder gemeinsam- durchzustehen und schließlich geschafft zu haben. Möglicherweise bin ich gar nicht Ihre begleitende Top, sondern ihre Leidensgenossin, die dem Ekel ebenso intensiv unterliegt, wie es auch für Sie gilt. Wir setzen uns gemeinsam einer als extrem empfundenen Situation aus, das kann sogar ein Tunnelspiel werden (= ein Spiel, das einmal begonnen nicht einfach abgebrochen werden kann; ist z.B. der Kotz-Geruch erstmal im Raum, können wir ihn auch durch das Nennen eines Codewords nicht einfach "abschalten".) Je stärker der Ekel-Effekt auch mich selbst betrifft, desto wichtiger ist eine gründliche Vorabsprache auch bezüglich meiner eigenen Limits (und Ihrer Fähigkeit zum Übernehmen von Verantwortlichkeiten auch bzgl. meiner & Ihrer Psychohygiene) im Rahmen einer Sonderplanung. Grundsätzlich bin ich ein Mensch, den eine Challenge auch sehr reizen kann stellen Sie mir Ihre Fantasie bezüglich eines extremen Ekel-Plays einfach mal vor.