Vorlieben

Painplay: Schmerzlust und Lustschmerz

Wenn man jemanden, der sich mit Sadomasochismus nicht näher befasst hat, nach der Definition fragt, fällt ihm/ihr höchstwahrscheinlich zuerst ein, daß das "das mit dem Schmerz" ist. Erotische Praktiken, bei denen "die Leute sich weh tun". Wobei sich Menschen, die selbst die Erfahrung nicht gemacht haben und auch die Sehnsucht nicht verspüren, sich oft überhaupt nicht vorstellen können, "was daran geil sein soll".

Was hat es also mit der Lust am Schmerz-Spiel (engl. Painplay; gelegentlich auch "Schmerz-Erotik" genannt) auf sich? Und dreht sich beim SM wirklich alles immer um Schmerz?

SM im engeren Sinn

Manche Menschen unterscheiden im BDSM nicht genau zwischen Dominanz, Aktivität und Sadismus auf der Seite des/der Top und zwischen Devotion bzw. Submission, Passivität und Masochismus auf der Seite des/der Bottom. Oft fallen die entsprechenden Vorlieben bzw. das entsprechende Play-Verhalten auch tatsächlich in der jeweiligen BDSM-Identität bzw. Spielrolle derartig zusammen. Aber die Begriffe Dominanz bzw. Devotion/Submission beziehen sich auf die psychologische Ebene, die Begriffe Sadismus und Masochismus auf die körperliche Schmerzzufügung und die Begriffe Aktivität und Passivität auf verschiedenste psychologische und/oder körperliche Aspekte, z.B. kann auch aktiv eine Verwöhn-Massage oder ein Tease & Denial ohne Schmerzzufügung verabreicht und passiv genossen und/oder durchlitten werden, oder aktiv eine schmerzfreie Erotik-Hypnose angeleitet etc.

Also: beim BDSM (= SM im weiteren Sinn) geht es nicht immer um Schmerz, beim SM im engeren Sinn allerdings per definitionem.

Dabei weckt die Begrifflichkeit "SM" in verschiedenen Kreisen unterschiedliche Assoziationen, auch medizin-historisch bedingt die Assoziation nicht-einvernehmlicher Gewaltausübung (Realsadismus, nicht-inklinierender Sadomasochismus), zumal sich de Sade und Sacher-Masoch nicht wirklich als Namensgeber für einvernehmliche und verantwortungsvolle Schmerzpraktiken eignen. Insbesondere hat de Sade sehr viel uneinvernehmliche Handlungen beschrieben, die jederBDSM-Ethik zuwiderlaufen.

Um den mindestens beiderseitig einvernehmlichen und idealerweise beiderseitig lustvollen Charakter von entsprechenden Praktiken zu betonen, bevorzuge ich persönlich das englisch-sprachige Szenewort "Painplay" (= Spiel mit dem Schmerz). Deutschsprachig wird zur Abgrenzung gegen unerwünschte (Gewalt- oder Alltags-)Schmerzerfahrungen häufig im BDSM-Kontext von Lustschmerz (= Schmerz, der in einem lustvollen Kontext verabreicht bzw. empfangen wird) oder von Schmerzlust (= Erregung, die durch Schmerzpraktiken ausgelöst wird) gesprochen.

Ohne Bezugnahme auf de Sade & Masoch können Sadomasochist/inn/en im engeren Sinn zutreffender als Painplayer bzw. Schmerzerotiker/innen bezeichnet werden. Für die bereits ausrichtungsspezifischeren Begriffe "Sadist/in" (= Person, die im BDSM-Kontext Schmerz bzw. Lustschmerz verabreicht), "Masochist/in" (= Person, die im BDSM-Kontext durch das Empfangen von Lustschmerz Schmerzlust empfindet) sowie für die jeweiligen Verhaltensweisen/Veranlagungen "sadistisch" und "masochistisch" kenne ich keine kürzeren alternativen Begrifflichkeiten ohne die irreführenden Namensbezeichnungen und mit eindeutiger Beschränkung auf einvernehmlichen BDSM. Das muss sich also aus dem Kontext ergeben - hier zum Beispiel aus dem Kontext, daß Sie sich auf einer BDSM-bejahenden Webseite befinden.

Manchmal wird Schmerz übrigens im BDSM-Kontext auch einvernehmlich und verantwortungsbewußt einem nicht masochistisch veranlagten Menschen zugefügt, um eine bestimmte psychologische Reaktion zu bewirken. Der nicht masochistisch veranlagte Mensch wandelt den Schmerz dann nicht in körperliche Schmerzlust um, aber dieser bringt ihn beispielsweise tiefer in die Devotion (als Bestandteil von D/S) oder in die Katharsis oder in die Achtsamkeit (als Bestandteil von Body Sensation Play). Dann geht es nicht mehr um "SM im engeren Sinn", also um das Painplay an sich, sondern um einen anderen Aspekt von BDSM (z.B. um D/S) mit Hilfe einer Painplay-Praktik.

Welche Schmerzpraktiken gibt es?

Zu den Schmerzpraktiken zählen beispielsweise das Schlagen (mit Peitsche, Paddle, Stock etc.) oder das Stechen (mit Nadeln bzw. Kanülen) oder auch Schmerzzufügung durch Hitze/Kälte/Druck/Reibung/Überlastung/Überdehnung sowie die meisten Reizstrom-Anwendungen. Sofern Sie Ihre Vorliebe vermissen, schreiben Sie mich bitte an und fragen Sie, ob ich entsprechend flexibel sein kann.

Was reizt den passiven Part am Schmerz?

Manche Körperstellen übertragen einen Schmerzreiz bis hin zu den Genitalien. Ich lasse mich privat zum Beispiel vorzugsweise auf den Hintern hauen, weil sich die Empfindung wellenartig bis zu meiner Möse fortpflanzt (oder fortzupflanzen scheint). Andere Menschen schätzen es aber besonders, wenn sie am Rücken oder auf den Oberschenkeln gepeitscht werden oder wenn sie eine Bastonade an den Fußsohlen erhalten. Dies kann wohl kaum durch die nahegelegene Verbindung zum Geschlechtsteil erklärt werden, also muss es andere Gründe für die Schmerzlust bzw. eine anderweitige direkte oder indirekte Genugtuung durch den Lustschmerz geben.

Eine mögliche Erklärung ist die als hormonelle Reaktion auf freiwillig erlebten körperlichen Streß, wie es auch bei gewissen Sportarten ausgelöst wird, vgl. Sport & BDSM. Ab einem gewissen Level an kaum aushaltbaren Schmerz kommen wir ins "Fliegen" durch die körpereigenen Drogen, also die Endorphine und/oder das Adrenalin.

Eine andere mögliche Erklärung ist es, daß der Schmerz uns das "Hirn ausschaltet" und uns unseren Willen zu jedweder Gegenwehr bricht. Irgendwann fügt sich der Verstand ins scheinbar -wenn auch freiwillig- Unvermeidliche, und wir erleben eine tiefe Verletzlichkeit (und diese in Verbindung mit Geborgenheit!), die zu einer Katharsis führen kann oder zumindest zu enormer Hingabe an unsere Tops. Diese Hingabe kann per se bereits Ziel einer Session sein, sie kann aber auch Basis für absoluten sexuellen Genuß sein, wenn wir nun gezielt genital stimuliert werden. Gerade Menschen, die im Alltag und/oder Beruf sehr "verkopft" sind, blockieren sich oftmals mit unermüdlichen Gedanken ihre eigenen Orgasmen… außer dann, wenn der Kopf schweigt, weil der Körper vor Schmerz brüllt. Umso empfänglicher ist der Körper dann aber auch für "Trost", wenn nun der Schwanz bzw. nun die Pussy berührt werden.

A propos Trost: Das Wechselspiel aus körperlicher Qual und Streicheleinheiten hat auch etwas ganz Besonderes. Und manchmal sogar etwas Heilsames, wenn man sich eines liebevollen oder fürsorglichen oder wertschätzenden Gegenübers bewußt sein darf. Zumindest ermöglicht es eine sehr intensive Body Sensation (und ggf. ein intensives Mindfucking), wenn nach dem Motto "Zuckerbrot und Peitsche" gespielt wird. Ich selbst weiß den Genuß der intensiven Body Sensation auch im privaten BDSM bereits seit meinem allerersten Play sehr zu schätzen!

Im ersten Abschnitt sprach ich davon, daß sich Schmerz von nicht-genitalen Körperteilen zu diesen hin überträgt. Man kann natürlich auch direkt die Genitalien bespielen und spricht dann im Painplay von "Cock and Ball Torture" (CBT; Schwanz- und Sackfolter) oder von "Clit and Cunt Torture" (Klitoris- und Fotzenfolter).

Auch unsere Brustwarzen reagieren als erogene Zonen oftmals sehr heftig auf "Nipple Torture". An Genitalien und an Nippel kann man z.B. Klammern oder Gewichte anbringen, man kann Playpiercings (Nadelungen) oder Sewings (Vernähungen) sehr gezielt an die empfindlichsten Stellen (oder aus Safety- und Sanity-Gründen ggf. knapp daneben!) setzen oder geeignete Reizstrom-Elektroden anbringen, man kann schlagen/treten/peitschen (insbesondere heißt es "Ballbusting" bzw. "Cuntbusting", wenn die Eier oder die Pussy getreten oder geboxt werden) etc. - und dabei entsteht bei einigen Menschen, zu denen ich mich bei passendem Gesamt-Ambiente auch zähle, ein ganz bizarrer Mix aus höllischem Schmerz und himmelhochjauchzender Geilheit, die durch eine schmerzfreie Stimulation so nicht erzielt werden könnte…

Aber nicht jeder will es so heftig. Im Rahmen von Rollenspielen kann Schmerz unter Umständen auch nur symbolisch verabreicht werden. Oder ganz bewußt auf sehr wenige "echte Strafen" beschränkt werden, um dem Gesamtszenario mehr Authentizität zu verleihen. Naja, und es gibt auch ausgefeilte Straf-Sessions, wo körperliche Strafen / Züchtigungen ganz bewußt auch weh tun sollen. Aber: ob ein "Züchtigungsinstrument" wie die Peitsche oder der Rohrstock tatsächlich zu "Züchtigungszwecken" eingesetzt wird oder zur Befriedigung von Masochismus, das liegt daran, wie es die Beteiligten empfinden und gestalten.

Hingegen wird gelegentlich der körperliche Streß gar nicht als so extrem empfunden, jedoch lösen das "Stillhalten-Müssen" oder die freiwillige Hingabe an den Schmerz einen letztlich lustvollen oder kathartischen Psychostreß aus.

Manch eine/r will durch Schmerz auch tatsächlich auf ein selbstgesetztes Ziel hin erzogen werden (z.B. Gewichtsabnahme, Raucherentwöhnung, Prüfungsvorbereitung) und ersehnt sich als BDSMer/in auch eine Fremddisziplinierung im Kampf gegen den "inneren Schweinehund". Damit solch eine Challenge trotzdem BDSM bleibt (und nicht z.B. einfach ein Bootcamp wird), muss meiner Meinung nach die Lust bzw. ein äquivalentes Wohlgefühl auch noch ihren Platz haben. (Wobei ich rein moralisch nun auch nichts dagegen habe, wenn Sie "nur" ein Bootcamp suchen…bzgl. praktisch-realer Umsetzung ablehnen würde ich hingegen Schmerzzufügungs-Gesuche, die mir nicht nur als "nicht bdsm-motiviert", sondern zudem auch als "insane" erschienen.)

Was ist ein Schmerz-Höhepunkt?

In vielen Painplay-Sessions ist ein "Happy End" in Form eines Orgasmus explizit gewünscht, meist ist dazu eine genitale Stimulation erforderlich. Es gibt aber auch Sessions, die sich auf einen anderen Höhepunkt als ein "Cum" steigern, wo z.B. die Schlagfrequenz schneller und schneller wird und wir beide in eine Art Trance geraten, einem gemeinsamen Rhythmus folgend, und irgendwann ist es dann einfach "gut" - wirklich gut, und jeder weitere Schlag wäre zu viel und jeder ausgelassene Schlag zu wenig gewesen. Es setzt beim aktiven und passiven Part eine tiefe Befriedigung ein. Ich spreche in solchen Fällen auch von einem "Schmerzgasmus" oder - als Wortspiel zu "Au! Aua!" auch "Augusmus".

Was reizt den aktiven Part am Painplay?

Auch das kommt auf die Rahmenvereinbarungen des Gesamtsettings an. Es kann die Macht sein, über Ihren Körper zu verfügen. Es kann die Freude an Ihren sichtbaren/hörbaren Reaktionen sein, Ihr Schnauben oder Zittern. Ihr Schreien.

Eventuell kann ich empathisch mit Ihnen mitfühlen und uns dadurch eine sehr tiefe Verbundenheit und Nähe schaffen, die ich dann auch mitgenieße. Es kann die spannende Herausforderung sein, ob ich Sie bis zu einem gewissen Punkt leiten und begleiten kann, z.B. bis zu Tränen.

Es kann die künstlerisch-kreative Lust sein, mit meiner Peitsche Striemen auf ihre Haut zu "malen" und mit den Kanülen ein ästhetisches Muster entlang Ihres Schwanzes zu stechen.

Ich liebe es, Ihre Hingabe zu wecken und Sie für mich und für Ihre Lust zu öffnen. Sie aber auch in Ambivalenz zu stoßen, wie sanft oder hart die nächste Berührung ausfallen wird.

Ich kann es auch genießen, Sie mit meiner Konsequenz und Gnadenlosigkeit zu überraschen und das Vereinbarte tatsächlich "durchzuziehen", egal wieviel Sie jammern und klagen.

Vielleicht sehe ich auch gelassen -oder geil- zu, wie sich ihr eigener Körper gegen sie stellt und Sie zum Beispiel ihre zunehmend schmerzhaft drückende volle Blase mirzuliebe bemüht unter Kontrolle halten, wohl wissend, daß sie hinterher doch versagen werden. Aber ich unterbinde ihre Erlösung ganz ohne Hilfsmittel nur durch ein einfaches, streng gesprochenes: "Nein."

Es kann auch die Leichtigkeit sein, mit dem winzigen Dreh an einem Regler -z.B. des Erosteks- wirklich dramatische Reaktionen auszulösen. Oder aber es ist im Gegenteil das Auspowern dabei, mit voller Kraft auf Ihren gefesselten Leib wieder und wieder einzuschlagen.

Es kann das Miterleben ihres "Schmerzgasmus" sein, auch ich werde dabei nicht-genital erregt und fühle hinterher das befriedigte Glück.

Es kann ein Mix aus allen vorgenannten Komponenten sein…und vielleicht sogar noch mehr…


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